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Sabine Bergstermann: Geschichte des Reformgefängnisses Stammheim


Bei ihrer Eröffnung im Jahr 1963 galt die JVA Stuttgart-Stammheim als „modernste Haftanstalt im Bundesgebiet“. In den Jahren 1974 bis 1977 entwickelte sie sich jedoch zur „Hauptstadt der RAF“, im Innern – wie der damalige Bundeskanzler Schmidt später bemerkte – „löchrig wie ein Schweizer Käse“. Am Ende dieses Wandlungsprozesses stehen die Verfügbarkeit der Gefangenen über Schusswaffen im „Hochsicherheitstrakt“ und der Tod der inhaftierten RAF-Mitglieder im Deutschen Herbst 1977. Die hier inhaftierten Mitglieder der RAF „inszenierten“ die als „Isolationsfolter“ kritisierten eigenen Haftbedingungen medienwirksam, um neue Anhänger und das öffentliche Interesse für sich zu gewinnen. Demgegenüber verfolgten staatliche Institutionen eine janusköpfige Strategie: So wurden den Mitgliedern der RAF in der JVA Stuttgart-Stammheim zwar ungewöhnlich zahl- und weitreichende Haftprivilegien eingeräumt, zugleich aber etliche Gesetze verschärft und Ausnahmeregelungen getroffen, um die von der RAF ausgehende Gewalt einzudämmen.

Das Dissertationsprojekt soll der Frage nachgehen, wie es dazu kam, dass die Führungsspitze der RAF gerade aus dem Gefängnis heraus den „bewaffneten Kampf“ fortführen und der Ort der Konfrontation sich zugleich zu einem Symbol für die Auseinandersetzung zwischen Staat und RAF entwickeln konnte. Im Rahmen des Projekts werden fünf Untersuchungsschwerpunkte verfolgt: die interdependente Entwicklung von Strafzweck und Gefängnisarchitektur, der Wandel staatlicher Politik und politischer Sprache in den 1970er Jahren, die Haftbedingungen und die Kommunikationsstrategie der RAF, die legislativen Neuregelungen und der Prozess in Stuttgart-Stammheim sowie die Konstruktion des „Mythos von den Gefangenen-Morden“. Eine Analyse des Kontexts dieser Schwerpunkte soll Aufschluss darüber geben, warum und wie gerade die JVA Stuttgart-Stammheim zu einem Symbol für die Konfrontation zwischen Staat und RAF geworden ist.