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Eva Bischoff: "Menschenfresser – Totmacher: Alterität und Männlichkeit zwischen 1890 und 1933"

 Während der Weimarer Republik versetzten wiederholt Berichte von Mördern, die angeblich das Fleisch oder das Blut ihrer Opfer konsumiert hatte, die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Straftäter wie Carl Großmann, Karl Denke, Friedrich Haarmann und Peter Kürten konfrontierten ihre Mitmenschen mit dem Kannibalen, einer Figur, die im kolonialen Diskurs als die Verkörperung von Alterität galt. Angeregt durch Konzepte der Postcolonial Studies sowie der Gender Studies, untersuche ich in meiner Arbeit die Wirkungsmächtigkeit kolonialer und rassistischer Diskurse auf die Artikulation männlicher Geschlechteridentitäten. Dabei werde ich demonstrieren, dass anstelle einer binär codierten Differenz zwischen kannibalischem Anderen und weißer Männlichkeit vielmehr ein Kontinuum der (Ab-)Normalität entworfen wurde, in dem jeder einzelne Mann verortet werden konnte. Ausgangspunkt für die Verortung war die Annahme einer „natürlichen“ Triebhaftigkeit des Mannes, die als evolutionäres Erbe seinen Körper definierte: Der Kannibale hauste in jedem Mann. Meine Arbeit wirft damit einen innovativen Blick auf die Verknüpfung der Geschichte von Männlichkeiten und des deutschen Kolonialismus: sie schreibt eine postkoloniale Geschlechtergeschichte.