Neueste Geschichte und Zeitgeschichte
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Isabel Leicht, M.A.

Der Kriegstoten gedenken. Lokale Erinnerungskulturen in Rosenheim und Penzberg nach 1945

 

Mein Projekt untersucht auf der lokalen Ebene im Umgang mit den Toten des Zweiten Weltkriegs Übergangsrituale einer Gesellschaft, die sich selbst in einer Phase des massiven Umbruchs befand. Die Arbeit ist als Lokalstudie angelegt, die die oberbayerischen Orte Rosenheim, Penzberg und Mittenwald im Hinblick auf das spezifische Totengedenken untersucht.

An der Schnittstelle zwischen der Erforschung des Todes und der Erinnerungskultur verspricht das Dissertationsprojekt neue Erkenntnisse auf beiden Feldern. Die leitenden Fragen sind hierbei:

1. Wie setzten sich verschiedene soziale Gruppen in städtischen Gemeinschaften in einer Zeit des Zusammenbruchs und unter dem Stress von massiven materiellen wie demographischen Veränderungen mit den Toten des Zweiten Weltkrieges als dessen Erbe auseinander?

2. Wie trug dieses Totengedenken zur Konstituierung der Gesellschaft beziehungsweise einer städtischen Identität bei?

Die Wechselbeziehung von Raum und Erinnerung, das Wechselspiel unterschiedlicher Räume und die Relevanz der Places of Identification (nach Arjun Appadurai) für eine Gesellschaft im Umbruch sind zentrale Fragestellungen meiner Dissertation. Am Beispiel der Etablierung von Erinnerungssubkulturen  lässt sich die Beziehung von kollektivem und individuellem Gedächtnis, sowie die Beziehung zwischen einer imagined community (Benedict Anderson) und der realen Gemeinschaft beispielhaft auf der lokalen Ebene herausarbeiten.

Die Performanz öffentlichen Gedenkens lässt sich durch Zeitungsberichte, Fotografien und behördlich festgehaltene Ablaufpläne rekonstruieren. Friedhofsakten, Seelsorgeberichte der Pfarrgemeinden, die Gestaltung von privaten Grabstätten, Todesanzeigen und Nachrufen sowie der liturgischen Inszenierung von Jahrgedächtnissen geben Auskunft über den individuellen Umgang mit dem Tod. Anhand autobiographischer Zeugnisse in Form privater Nachlässe, Briefe und Testamenten sollen das Verhältnis, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der individuellen und der kollektiven Trauer untersucht werden.

Erschienen als: Der Kriegstoten gedenken. Lokale Erinnerungskulturen in Rosenheim und Penzberg nach 1945, Rosenheim 2016

Kontakt: isabel.leicht@gmx.de