Neueste Geschichte und Zeitgeschichte
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Sophie Friedl auf der Shortlist des Hedwig-Hintze-Preises 2023

20.07.2023 um 00:00 Uhr

Sophie Friedls am Lehrstuhl für Zeitgeschichte betreute Dissertation "Demokratie lernen. Der Öffentliche Gesundheitsdienst in Bayern nach dem Nationalsozialismus" wurde von der Jury für den Hedwig-Hintze-Preis des Verbands der Historiker und Historikerinnen Deutschlands "als exzellent bewertet" und auf die Shortlist für den Preis gesetzt, vgl. hier:
https://www.historikerverband.de/aktuelles/meldungen/vhd-ehrt-herausragende-geschichtswissenschaftliche-leistungen-mit-carl-erdmann-preis-und-hedwig-hintze-preis/
Das mit summa cum laude bewertete Dissertationsprojekt war Teil des vom Bayerischen Landtag finanzierten Forschungsverbunds "Demokratische Kultur und NS-Vergangenheit. Politik, Personal, Prägungen in Bayern 1945–1975" am Institut für Zeitgeschichte München, vgl. hier:
https://www.ifz-muenchen.de/aktuelles/themen/demokratische-kultur-und-ns-vergangenheit
Sophie Friedl nimmt das kulturwissenschaftliche Konzept der Neuen Verwaltungsgeschichte ernst und schreibt eine vertikale Verwaltungsgeschichte des Öffentlichen Gesundheitsdiensts in Bayern, die von der Spitze der Ministerialbürokratie (Gesundheitsabteilung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern) über die Medizinalreferate der Bezirksregierungen auf die unterste Ebene der 135 staatlichen Gesundheitsämter und einzelner Krankenhäuser bzw. Heil- und Pflegeanstalten zugreift. Sie verwendet „Lernen" als analytischen Begriff und gewinnt damit ein überaus präzises Analyseinstrument, um die Vielzahl der oft erst einmal in ihrer Bedeutung unverständlichen Ereignisse, Phänomene, Abläufe und Auffälligkeiten zu ordnen, zu analysieren und überzeugend als eine kritische Geschichte Bayerns bis ca. Mitte der 1960er Jahre zu interpretieren.
Sophie Friedls konzeptioneller Zugriff speist sich aus der modernen Lernforschung der Psychologie, Pädagogik und Organisationswissenschaft. Sie definiert Lernen grundsätzlich als einen offenen, nichtlinearen Prozess, unterscheidet lernfreundliche wie lernfeindliche Lernsitutionen, identifiziert Lernhindernisse und Lernblockaden und geht positiven Lernimpulsen nach. Es gelingt ihr damit, oberflächliche, rein strategische Anpassungen an einen geänderten Handlungsrahmen zu unterscheiden von tiefgreifenden Veränderungen der Denk- und Verhaltensmuster, die sie mit der Forschung als „Lernen erster oder zweiter Ordnung" bezeichnet. Sie beobachtet verschiedene Lerngeschwindigkeiten, Abwehrroutinen, auch Prozesse des Verlernens und entledigt sich einer unterkomplexen binären Gegenüberstellung von Lehrenden und Lernenden.
Demokratisierung erweist sich in dieser Perspektive einmal mehr als überaus komplexer, nichtlinearer und störungsanfälliger Lern- und Aushandlungsprozess mit zahlreichen Stagnationen, gegenläufigen Bewegungen und Rückschlägen.
Das Buch soll im Frühjahr 2024 in der Schriftenreihe des IfZ erscheinen.

 

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