Neueste Geschichte und Zeitgeschichte
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Habilitationsprojekt - PD Dr. Nicolai Hannig

Kalkulierte Gefahren.
Naturkatastrophen und Prävention seit 1800
(abgeschlossen)

postkarteNaturgefahren und Risiken sind ein fester Bestandteil der gesamten Menschheitsgeschichte. Der Schutz vor diesen Extremsituationen, deren Bewältigung, aber auch Überwältigung gehören seit jeher zu den Bedingungen gesellschaftlicher Entwicklungen. Im Zulauf auf die Gegenwart vermag der Mensch jedoch immer weniger selbst für seinen Schutz zu sorgen, sondern überantwortet dies entsprechenden Einrichtungen. Der menschliche Wunsch nach Vorsorge veränderte sich und mit ihm die Ansprüche an staatliche Maßnahmen und Garantien. Gleichsam richtete sich die gesellschaftliche und individuelle Beziehung zur Natur neu aus: Neue Formen der Bewirtschaftung von Ängsten entstanden, die sich in immer neuen technischen Vorkehrungen, Schutzkommissionen, Versicherungsprodukten und Notfallreserven niederschlugen.

Die Herstellung von Sicherheit, die Suche nach Schutz und das präventive Handeln sind dabei als Variationen ein und derselben Haltung gegenüber der Zukunft zu denken, die man nicht mehr passiv auf sich zukommen ließ, sondern aktiv zu bearbeiten versuchte. Das Forschungsprojekt untersucht die Mensch-Umwelt-Beziehung daher im Kontext genau diesen Wandels. Das Verhältnis von Mensch und Natur wird als ein interaktives begriffen und genauer erforscht, indem Naturgefahren seit dem 19. Jahrhundert auf ihre Verbindungen zu politischen und gesellschaftlichen Präventionskonzepten einerseits sowie gesellschaftlicher Sorge andererseits befragt werden. Im Vordergrund stehen so nicht nur die menschlichen Eingriffe in ökologische Vorgänge und die damit stets einhergehenden Gegenbewegungen. Vielmehr sollen Umgangsformen mit natürlichen Herausforderungen, deren wissenschaftliche Prognostik sowie die damit verbundenen behördlich organisierten Präventionsmaßnahmen analysiert werden.

Gegenstand der Untersuchung sind staatliche Behörden, Versicherungen, wissenschaftliche Netzwerke, öffentliche Debatten sowie persönliche Erfahrungsberichte und -dokumente. Dabei interessieren zum einen Fragen der politischen Legitimation, des organisatorischen Aufbaus, der Kommunikation in professionellen und populären Kontexten sowie der mentalen Verfassung. Zum anderen werden alle Felder ausgehend von Deutschland und der Schweiz stets an regionale, nationale und globale Kontexte rückgebunden, um so beispielsweise länderübergreifende Kooperationen genauso wie lokale Zusammenarbeiten mit einbeziehen zu können. Am Ende soll dementsprechend eine Geschichte des Schutzes vor der Natur entstehen, die europäische Entwicklungen räumlich entgrenzt untersucht.