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Wettbewerb zwischen Universitäten im 19. und 20. Jahrhundert in Deutschland

Das Projekt wird von der DFG finanziert und ist Teil des Forschungsverbundes „Konkurrenzkulturen. Soziale Praxis, Wahrnehmung und Institutionalisierung von Wettbewerb in historischer Perspektive“ (Köln/München).

Konkurrenz zwischen deutschen Universitäten im 19. und 20. Jahrhundert  (Arbeitstitel)
Deutsche Universitäten im Wettbewerb 1980–2012 (Arbeitstitel)

Konkurrenz zwischen deutschen Universitäten im 19. und 20. Jahrhundert  (Arbeitstitel)

Bearbeiter: Fabian Waßer, M. A.

Das Prinzip des Wettbewerbs, so mag es angesichts der seit rund 30 Jahren sprunghaft angestiegenen Zahl diesbezüglicher Veröffentlichungen erscheinen, wurde in der Bundesrepublik erst  im Zuge der „neoliberalen Wende“ in den 1980er Jahre sowie vor allem seit der Exzellenzinitiative (2005/06) als Instrument zur Effizienzsteigerung im Bildungsbereich betrachtet und nach angloamerikanischem Vorbild in das deutsche Hochschulsystem eingeführt.

Demgegenüber stehen beispielsweise die universitätspolitischen Schriften eines Friedrich Carl von Savigny und C.F.W. Dieterici aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in denen das Konkurrenzprinzip als Alleinstellungsmerkmal des deutschen Hochschulwesens bezeichnet wird, auf das nicht zuletzt der Erfolg der deutschen Universitäten - vor allem im internationalen Vergleich mit England und Frankreich - zurückgeführt werden könne. Dabei verweisen Savigny und Dieterici auf den Wettstreit der Hochschulen, Kultusverwaltungen und Landesfürsten um die qualifiziertesten Professoren sowie um Studenten.

Konkurrenz ist folglich weder ein neues Phänomen im deutschen Hochschulsystem, noch steht es dem traditionellen deutschen Universitätsmodell (das gemeinhin bis heute mit dem Namen Wilhelm von Humboldts verbunden wird) grundsätzlich entgegen.

Neuere soziologische Veröffentlichungen haben jedoch aufgezeigt, dass es nicht den Wettbewerb, sondern verschiedene Wettbewerbskulturen gibt, in denen Konkurrenz unterschiedlich definiert und orts- und zeittypische Normen und Werten entsprechend wahrgenommen und eingehegt wird.

Gestützt auf die Wettbewerbstheorie des Berliner Soziologen Georg Simmel, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein bis heute viel beachtetes und rezipiertes triadisches Konkurrenzmodell entwarf, möchte ich im Rahmen einer historisch-vergleichende Analyse institutioneller Konkurrenz zwischen deutschen Universitäten den Akteuren, Prämien und wettbewerbsentscheidenden Schiedsinstanzen (in Simmels Modell als „der Dritte“ bezeichnet, um dessen Gunst sich die Konkurrenten bemühen) des interuniversitären Wettbewerbs im 19. und 20. Jahrhundert nachspüren.

Die Arbeit entsteht im Rahmen des DFG-Forschungsverbunds „Konkurrenzkulturen“, in dem fünf Doktoranden der Universität zu Köln sowie der Ludwig-Maximilians-Universität München zu unterschiedlichen Aspekten des Themas forschen. Voraussichtlicher Abschluss der ersten Projektphase ist Mitte 2016.

Deutsche Universitäten im Wettbewerb. 1980-2012 (Arbeitstitel)

Bearbeiter: Alexander Mayer, M.A.

„Wettbewerb“ und „Konkurrenz“ sind spätestens seit den 1990er Jahren zentrale Begriffe in der hochschulpolitischen Debatte. Seit dem Ende des Jahrzehnts nahmen Bundes- und Landesregierungen Reformen im Hochschulrecht vor, die einen verstärkten Wettbewerb zwischen den Universitäten zum Ziel hatten. Deregulierung und eine Stärkung der Hochschulleitungen sollten es den Universitäten erlauben, sich überhaupt erst als Konkurrenten zu positionieren. Konkurrenz wurde als Mittel zur Steigerung der Qualität von Forschung und Lehre gesehen, und sollte darüber hinaus auch zu einer Differenzierung im deutschen Hochschulsystem und zur Herausbildung international „wettbewerbsfähiger“ Spitzenuniversitäten führen. Als Vorbild diente dabei oft das kompetitive System der USA.

Dass Universitäten um Finanzmittel, Renommee, WissenschaftlerInnen und StudentInnen konkurrieren, ist jedoch nicht erst ein Phänomen der letzten Jahre. Im Rahmen dieser Arbeit soll die Entstehung und Veränderung von Konkurrenzsituationen und Praktiken der Konkurrenz zwischen Universitäten seit den 1980er Jahren erforscht werden. Das Projekt stützt sich auf soziologische Modelle der Konkurrenz, vor allem auf Georg Simmels „Soziologie der Konkurrenz“. Simmel begreift Konkurrenz als ein triadisches Verhältnis zwischen mindestens zwei Parteien, die um ein knappes Gut kämpfen, und einer unabhängigen Instanz (dem „Dritten“), die dieses Gut als „Prämie“ für bestimmte Leistungen verteilt. Ausgehend von diesem Modell können die Konstituierung relevanter „Dritter“ und die Mechanismen der Verknappung und Verteilung von Gütern im Hochschulbereich verfolgt werden. Darüber hinaus sind aber auch die Diskurse von Bedeutung, die die Wahrnehmung von Konkurrenzsituationen und das Konkurrenzverhalten der Universitäten prägen, sowie die Einführung von Wettbewerbsmechanismen legitimieren.

Im Fokus der Arbeit steht das Konkurrenzverhalten von Universitäten, das anhand mehrerer Fallbeispiele untersucht werden soll. Wie nehmen die entscheidenden Akteure an den Hochschulen Konkurrenzsituationen wahr und wie reagieren sie darauf? Sind sie selbst an der Entstehung von Wettbewerb beteiligt? Welche Strategien verfolgen Hochschulleitungen und welche Veränderungen an den Universitäten lassen sich als Anpassung an Wettbewerbsbedingungen erklären? Dabei werden Phänomene wie die Profilbildung in Forschung und Lehre, Marketingstrategien und die wachsende Bedeutung von Drittmitteln in den Blick genommen.

Schließlich soll auch nach den Auswirkungen des Wettbewerbs für die Situation von WissenschaftlerInnen und Studierenden an den Universitäten gefragt werden: Wer sind die Gewinner und Verlierer, wie nehmen sie den Wettbewerb wahr und wie reagieren sie?