Neueste Geschichte und Zeitgeschichte
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"Robert Davidsohn"

Derzeit entsteht am Lehrstuhl Baumeister unter Mitarbeit von Wiebke Fastenrath und Wolfram Knäbich die Erstedition des Kriegstagebuches und der Erinnerungen von Robert Davidsohn.

Gegenstand des Projekts sind die Ersteditionen der Autobiographie „Menschen, die ich kannte. Erinnerungen eines Achtzigjährigen“ (Privatbesitz, USA) sowie des Kriegsjournals „Erinnerungen der Kriegszeit“ (Bayerische Staatsbibliothek München) des Historikers Robert Davidsohn (Danzig 1853 - Florenz 1937).

Ziel ist es, beide Manuskripte zu transkribieren und in kommentierten Editionen zu publizieren. Die in den Jahren 1933 bis 1937 verfasste Autobiographie stellt ein außergewöhnliches Zeugnis der Geschichte des deutsch-jüdischen Bürgertums dar. Sie gibt Auskunft über den Lebensweg, das gesellschaftliche und professionelle Umfeld, die Persönlichkeit und die Mentalität Davidsohns und spiegelt insbesondere die vielfältigen Wirkungskreise ihres Autors als Journalist, Unternehmer, Privatgelehrter und kultureller und politischer Mittler zwischen Deutschland und Italien von den Gründerjahren des Kaiserreichs bis Mitte der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts wider.

Nach einer frühen Karriere als Journalist und Zeitungsunternehmer in Berlin, mit der er die Grundlage für eine spätere wirtschaftliche Unabhängigkeit schuf, lebte Davidsohn mit Ausnahme eines Münchenaufenthalts während des Ersten Weltkriegs vier Jahrzehnte in Florenz, wo er durch eine monumentale Geschichte der Stadt im Mittelalter zu einem international renommierten Historiker avancierte und bis zu seinem Tod wenige Monate vor dem Erlass der italienischen Rassegesetze den Aufstieg von Faschismus und Nationalsozialismus erlebte.

Das den Zeitraum von 1914 bis 1919 umspannende Kriegsjournal kann in seinem Quellenwert neben die vor wenigen Jahren in einer Aufsehen erregenden Edition veröffentlichten Kriegstagebücher des Heidelberger Mediävisten Karl Hampe gestellt werden. Es dokumentiert Haltungen und Aktivitäten eines Repräsentanten der gebildeten Eliten des Kaiserreichs, der sich im Spannungsfeld zwischen deutschem Kriegsnationalismus und Kosmopolitismus bewegte. Das Tagebuch liefert wichtige Aufschlüsse zu Davidsohns Rolle als Privatgelehrter und Mittlerfigur in der deutsch-italienischen Politik während des Ersten Weltkrieges, zu Initiativen zugunsten der Neutralität Italiens und zu Meinungen und Einstellungen der europäischen gebildeten Öffentlichkeit, der Davidsohn angehörte.