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Second Book: Who Cares about Central America? Aufmerksamkeit für eine globale Peripherie

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts changierte Zentralamerika zwischen Nord-Süd-Gegensatz und Ost-West-Konflikt. Es war tief geprägt von ethnischer und kultureller Diversität, von sozioökonomischer Ungleichheit, Gewalt, Krieg und Genozid, aber auch von sozialen und politischen Emanzipationsbestrebungen, von kraftvollen Utopien, religiösen Impulsen und Aufbrüchen. Der Grad der Aufmerksamkeit, der sich von außen auf die Region richtete, beeinflusste immer wieder den Verlauf der zentralamerikanischen Zeitgeschichte. Entweder als Peripherie konzipiert und ignoriert, als Projektionsfläche eigener Befürchtungen und Hoffnungen überhöht, oder aber gar als „Hinterhof“ den Blicken von außen entzogen und gleichzeitig der eigenen Einflusssphäre zugeschlagen: Es war entscheidend, wer sich auf welche Weise für Zentralamerika interessierte.
Das Projekt fragt nach den Konjunkturen der Aufmerksamkeit für Zentralamerika sowie nach den transnationalen Verflechtungen der Region zwischen etwa 1950 und 1995. Hierbei fokussiert es zwei signifikante Beispiele. Erstens untersucht das Vorhaben die Beziehung zwischen der indigenen Bewegung in Zentralamerika, insbesondere in Guatemala, und einer academic community aus US-amerikanischen und europäischen Wissenschaftler:innen. Welche Wechselwirkungen ergaben sich zwischen den großen Erkenntnisgewinnen in der Archäologie, der Ethnologie oder der Anthropologie und der Herausbildung einer Pan Maya-Identität? Zweitens geht es um die internationalen Verflechtungen Zentralamerikas und Europas und um die Frage, wie und warum die zentralamerikanische Region seit 1979/80 im Kontext des Kalten Krieges und des zentralamerikanischen Friedensprozesses auf die Agenda der internationalen Politik gelangte – zumindest für einige Jahre.
Wie Aufmerksamkeit für Zentralamerika entstand bzw. worauf konkret sie sich schließlich richtete, verrät viel über das (Vor-)Wissen der beteiligten Akteure, über ihre Fremd- und Eigenbilder sowie über ihre Wahrnehmung der Welt. So kann die Frage nach Aufmerksamkeit Teil einer Vorgeschichte der global verflochtenen Gegenwart sein bzw. den Grad dieser Verflechtung näher bestimmen.